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Kapitel 6 - Wie aus Himura Fuyuko Mizuoto Kimie wurde 

 

Nach einiger Zeit, als sich wieder Ruhe über die Region legte, gebar Nozomi ihrem Mann eine Tochter. Jenes Kind, dass die Kräfte der großen Mizuoto Izumi und damit der Wasser-Shugorei in sich trug. Vom Moment der Geburt war dies unverkennbar, denn der Schatten hellblauen Haares war nicht zu übersehen, pflegten Elfen dieses Teils der Welt doch mehr ein tiefes dunkelbraun in zahlreichen Schattierungen. Auch die klaren eisblauen Augen waren die Mizuoto Izumis und sie schauten unschuldig und neugierig in die Welt. Nozomi liebte ihre Tochter vom ersten Augenblick, doch Osamu fürchtete sie. Sie war eine Bedrohung seiner Macht in vielerlei Hinsicht. Wenn die Kuromahou dies herausfanden, wäre es um seine Herrschaft geschehen. Zudem fürchtete er die Rückkehr der Wasser-Shugorei. Für ihn war dieses Kind wie ein Fluch, den die alte Izumi über ihn gesprochen hatte. Nur eines hielt ihn davon ab, dieses Mädchen auf der Stelle zu töten: Die Kuromahou durften von ihr nicht erfahren, doch so oder so würden sie seine Herrschaft nicht ewig dulden und wenn er es nicht schaffte, bis dahin eine geeignete Waffe in seinen Händen zu halten, würde er das gleiche Schicksal erleiden, wie die Shugorei selbst. So begann dass Leben der Enkelin der großen Mizuoto Izumi als Himura Fuyuko. 

 

Fuyuko wurde direkt nach ihrer Geburt weggesperrt und als Fehlgeburt erklärt. Sie wuchs in einem Trakt etwas abseits vom eigentlichen Herrenhaus auf. Sie hatte dort ein paar Zimmer, doch keine Fenster und die einzige Tür war stets verschlossen. Eine Elfendame, deren Namen sie niemals kennen lernte, hatte sich um ihr leibliches Wohl zu kümmern und sie in eine harte Schule zu nehmen. Sie sollte nur keine Zeit haben, sich frei zu beschäftigen, was sie hätte auf dumme Gedanken bringen können. Sie erlernte alles, was den Haushalt betraf, doch Bücher oder das Schreiben waren ihr verwehrt. Ihre Mutter lernte sie niemals kennen. Nur ihr Vater kam hin und wieder, um sich ihres Zustandes zu vergewissern. Fuyuko sollte bloß nicht erkennen, welche Kräfte in ihr steckten, so hielt man auch offenes Wasser von ihr fern. Ihr Vater hatte vor, sie früh an einen Vertrauten zu verheiraten, sodass er auch weiter ein Auge auf sie haben konnte, sie gut beschäftigt war und er in der Zwischenzeit überlegen konnte, wie er sich ihre Kräfte zu eigen machen konnte. 

 

Vorerst ging es Fuyuko gut, so wie es war. Sie war ein kleines Kind, dass Sprechen und Laufen lernte, ebenso wie nach und nach Putzen, Sticken, Nähen, Kochen und was sonst noch so in einem Haushalt anfiel. Sie dachte sich nichts dabei, auch wenn sie eine gesunde Neugierde hatte, doch sie kannte es nicht anders und fügte sich jener Elfendame und ihrem Vater. Doch je älter sie wurde, umso lauter wurden die Stimmen des Wassers. Nicht dass sie jemals einen See oder einen Fluss gesehen hätte. Doch Wasser ist ein Element des Lebens, dass alles Lebendige miteinander verbindet. Sie spürte es in sich selbst, in der Elfendame, in ihrem Vater, in ihren Getränken, der Luft, der Waschschüssel und von 

jenseits der Mauern ihres Traktes. Die Stimmen wurden lauter und flüsterten ihr zu, von einer Welt so ganz anders, als sie sie kannte. 

 

Im Alter von sechs Jahren entdeckte sie einen unterirdischen Geheimgang, der in den nahegelegenen Wald führte. Dort angekommen, war sie überwältigt von dem, was sie sah, doch die Wasser flüsterten ihr, es für sich zu behalten. Nach einigen nächtlichen Ausflügen, in denen sie nichts weiter tat, als den Gang zu durchqueren und einfach aus der Öffnung den Wald zu betrachten, traute sie sich auch hinaus und entdeckte eine kleine Hütte. Dort lebte die alte Chiasa. Sie war eine enge Vertraute Mizuoto Izumis gewesen, doch floh sie auf Drängen Izumis, als habe diese geahnt, dass nur so, die Kultur der Wasser-Shugorei bestand hätte. Die alte Chiasa war ein wenig jünger als Izumi gewesen und diese hatte sie in alle Gebräuche und Entscheidungen mit einbezogen. Chiasa war dabei gewesen, als Izumi heiratete, als sie ihre Tochter gebar und als ihr Mann starb. Sie hatte von Fern mitangesehen, wie Osamu alles zerstörte und war sich gewahr, dass er etwas verheimlichte. Sie wusste sofort, was Fuyuko war, als diese vor ihrer Tür stand, doch sie war entsetzt, als sie hörte, wie das kleine Mädchen lebte. Von da ab nahm sie sich ihr an, lehrte sie Lesen, Schreiben, die Sprache der Shugorei, für die Fuyuko eine natürliche Veranlagung zu haben schien, und sie brachte ihr alles bei, was sie über die Wasser-Shugorei wusste. 

 

Die alte Chiasa wusste, dass Fuyuko nur eine Chance hatte, wenn sie floh. Osamu würde sie entweder mit der Zeit ausnutzen und Fuyuko würde daran zerbrechen oder er würde sie doch noch töten, wenn es ihm zu heikel würde. Doch Fuyuko trug das Erbe der Wasser-Shugorei in sich und sie würde eines Tages weit über Osamu thronen können, sollte sie es bis dahin schaffen. Nur so würden die Wasser-Shugorei zu neuer Blüte finden. Also lehrte sie Fuyuko alles, was sie wusste und zeigte ihr alles, was sie vor Osamu hatte retten können. Fuyuko sollte an ihrem fünfzehnten Geburtstag verheiratet werden und sie schmiedeten gemeinsam einen Plan, wie Fuyuko dem entkommen konnte. Die alte Chiasa wurde für Fuyuko wie eine Mutter und Fuyuko erhielt von ihr den Namen Kimie, was so viel wie freundliches Wasser der Güte. Zudem sollte Fuyuko, die nun Kimie hieß, nicht den Namen ihres Vaters tragen, sondern den Namen ihrer Großmutter, Mizuoto. So wurde aus Himura Fuyuko Mizuoto Kimie.

 

 

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