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Kapitel 2 - Die Shugorei im Wandel der Zeit 

 

Die Shugorei lebten friedlich im Einklang mit ihren Elementen. Wie auch die anderen Arten, so erblühten sie in voller Pracht. Sie trugen die Säulen der Elemente gleichmäßig auf ihren Schultern. Kulturen entstanden und ihre Zahl nahm zu, wie es bei den meisten Arten der Fall war. Einige Grundfesten änderten sich jedoch nie. Die Kräfte der Elemente waren rein. Sie wurden nie zu Grausamem verwendet. So unterschiedlich sich die Elemente auch entwickelten, so friedliebend und gutmütig war doch das Wesen aller Shugorei. Ihre Sprache teilen sie bis heute unverändert, denn sie ist heilig, ebenso wie strenge Traditionen in allen ihrer Kulturen, wie auch immer diese aussehen mochten. Außerdem ist ihnen allen ihr Stolz ihrer Rasse in die Wiege gelegt, wie es sich bei den meisten Elfenkindern verhält. Nicht nur auf die Rasse der Shugorei selbst und dass sie zu den Elfenkindern zählten, sondern auch auf ihr jeweiliges Element und seine Reinheit. Und noch eine Sache hatte Mutter Natur allen Shugorei in die Wiege gelegt: Nahm die Zahl der Shugorei eines Elementes ab, so wurde die Kraft des einzelnen größer und umgekehrt. 

 

Doch über die Zeit entwickelten sich auch Unterschiede unter ihnen. So waren die Feuer-Shugorei vielmehr eine weit zerstreute Sippe von Einzelgängern, die sich im Rhythmus der Gezeiten an vorbestimmten Orten trafen und eine Weile gemeinsam lebten, um dann wieder getrennte Wege zu gehen. Die Wind-Shugorei hingegen, lebten in rigiden Familienverbänden, mit fester Mitgliederanzahl, die unter Absprache aller in festen Rhythmen ausgetauscht wurden. Die Wasser-Shugorei wiederum waren in Clans organisiert, deren Häupter Familien führten, die in weiblicher Linie weiter gegeben wurden. Und die Erd-Shugorei besaßen eine strenge Rängegesellschaft, die sich nach dem Können der einzelnen richtete. 

 

Kontakt zu anderen Rassen war selten und sie wurden zunächst für höhere Wesen gehalten und als Gottheiten verehrt. Ihre elfische Anmut, Eleganz, Perfektion und Schönheit, machte sie für die meisten anderen Rassen zu etwas erhabendem. Die Shugorei hatten an für sich wenig Interesse an anderen Wesen, doch sie verwehrten niemandem Hilfe, der welcher bedurfte. Sie lebten in der Regel zurückgezogen, doch ihr Wesen war sanftmütig und freundlich. Doch die Arten breiteten sich über die Erde aus. Städte entstanden, Königreiche, Länder... und auch die Anzahl der Shugorei stieg und auch sie erbauten Städte und ihre Kräfte sanken mit dem Anstieg ihrer Zahl. Doch der Kontakt zu anderen Wesen wurde ebenfalls häufiger. Doch Ehrfurcht, Respekt und Frieden schwand aus diesen Kontakten, wie es sich mit den Kräften der Shugorei verhielt. 

 

Mit den Städten kam der Handel und die Shugorei waren keine Seltenheit mehr. Man kannte nun viele Elfenrassen und sie waren nichts weiter, als ein Zutrag im weiten Spektrum der Arten. Die Legenden vom Segen, den es einem brachte, wenn man einem Shugorei begegnete, schwanden. Die Ehrfurcht vor ihren Kräften sank mit dem Hervortreten der Magie. Die Bewunderung für ihre erhabene Erscheinung wandelte sich in Neid. Man entdeckte, dass die Shugorei nicht so mächtig waren, wie es in den Geschichten besungen wurde und sie waren es tatsächlich nicht mehr. Dafür gab es zu viele von ihnen. 

 

Doch mit dem Fortschritt folgten auch die Auseinandersetzungen. Wieso sollten die Shugorei allein über die Elemente entscheiden, wenn andere Rassen ebenfalls solcher Kräfte mächtig waren und die Shugorei kaum zu mehr fähig waren, als gewöhnliche Magier? Überhaupt, warum konnten sie sich nicht den Elfenrassen anschließen, die mit der Zeit gingen? Auch unter den Elfenkindern waren neue Rassen entstanden. Einige hatten sich einfach aus den ersten entwickelt, hatten sich anderen Bereichen und Lebensumständen angepasst, hatten sich der Magie zu und der Natur abgewandt. Einige waren den Kriegerpfaden gefolgt, andere der Kunst, wieder andere hatten dunkle Wege eingeschlagen oder sich mit anderen Elfenkindern oder gar anderen Rassen gemischt. So waren auch die Elfenrassen bald sehr vielfältig an der Zahl in ganz unterschiedlichster Weise. Doch die meisten Rassen in den Reihen der ersten, verpassten den Schritt mit der Zeit oder gingen ihn bewusst nicht. Sie blieben unter sich und wurden das Sinnbild der elfischen Arroganz, wie es so weit unter anderen Rassen verbreitet ist. So auch die Shugorei. 

 

Viele unter den ersten gerieten in Vergessenheit, einige verschwanden einfach ganz allmählich aus dem Lauf der Geschichte, einige wurden gewaltsam gelöscht. Auch den Shugorei erging es ganz ähnlich. Ihr Stolz, die Selbstverständlichkeit mit der sie über ihr Element geboten weckte bei anderen Wesen Unmut. Zumal die Shugorei nicht mehr einfach abgeschieden irgendwo ungesehen lebten, sondern ihre Städte an die anderer grenzten. Sie hatten sich in Königreiche einzugliedern und dienten doch niemandem außer Mutter Natur. An ihrem friedliebenden Wesen hatte sich nichts geändert, doch alles was andere Wesen sahen, waren ihre Arroganz und ihre Selbstgefälligkeit und nicht zuletzt fürchtete man doch ihre Kraft, die zwar nicht als gottgleich zu bezeichnen war, doch auch nicht wegzuignorieren war. Brach ein Feuer aus, so waren es die Feuer-Shugorei. Trat ein Fluss über seine Ufer, so waren es die Wasser-Shugorei. Gab es ein Erdbeben, so waren es die Erd-Shugorei und wütete ein Sturm so waren es die Wind-Shugorei. 

 

Wie so oft in der Geschichte der Welt, gerieten auch die Shugorei in den Teufelskreis eines praktischen Feindbildes. Ob sie es selbst verschuldeten? - Sicher waren sie nicht unschuldig, doch ob sie verdienten, was sie bekamen... Der Neid und der Unmut wandelten sich in Hass und es dauerte nicht lange, bis Jagd auf sie gemacht wurde. Doch jener Hass stieß auf keine Gegenwehr. Es lag nicht im Wesen der Shugorei zu kämpfen oder Aggression zu zeigen und hatten sie den Klingen nichts entgegenzusetzen. Es war ein bloßes Abschlachten und ihre Zahlen sanken drastisch, ihre Städte verschwanden von den Karten so schnell, als knipse man Lichter aus. Die meisten der überbliebenen Shugorei zogen sich zurück und die Städte, die bestanden, umrankten hohe Mauern, Dörfer gab es nur noch im Schutze ihrer Elemente. Ihre Zahl war so weit zurückgegangen, dass die Kräfte des Einzelnen um ein Vielfaches gestiegen waren. Das machte ihre Städte und Dörfer um einiges unzerstörbarer und schwieriger aufzuspüren. Doch es sollte noch viel Zeit vergehen, bis die Shugorei auf den Gedanken kamen, sich zu wehren. Doch die Rache machte sie letztendlich doch zu ihrem Schüler, ein Gefühl für sie so fremd und doch waren auch sie davor nicht gefeit unter den sich türmenden Bergen, der Leichen ihrer Artgenossen. Doch Rache allein, lehrt einen nicht zu kämpfen, sie macht einen lediglich blind und rasend. So begann sich die Spirale aus Rache, um Rache, für Rache und wieder Rache zu drehen. Auch wenn es nur vereinzelte aus den Reihen der Shugorei waren, die sich diesem Gefühl hingaben, so reichte es doch, dass ihre Gegner nun mit einem Mal die Rechtfertigung ihrer Taten hatten. 

 

 

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